Vom Subjekt Zum Adjekt

Text zur Ausstellung

Uwe Schinn präsentiert eine Gruppe von Installationen, in deren thematischem Zentrum die Verwandlung als zentrales Moment von Produktion steht: Ein mit Schallschutz-Absorber ausgeschlagener, signalroter Schmetterling in Dimension und Machart eines Piano Fortes, eine Folge von Fotokopien, die den frühesten heute noch aktiven Disney-Charakter „Kater Karlo“ zeigen, und eine Reihe von Kleiderhaken, an denen die schlaffen Schatten psychedelischer Öl-Projektionen hängen, die einst in amorph-körperlicher Kinetik die Auftritte von Bands wie Pink Floyd oder Iron Butterfly in visuelle Trips verwandeln sollten. So wie für die Genese der heutigen Disney-Figuren ein Black Thursday nötig war, so erfolgt – dies wäre die These – auch die Verwandlung des Menschen in der Regel in Folge immenser innerer oder auch äußerer Bedrängnisse und Einengungen.

Wer von Verwandlung spricht, der landet nicht selten beim Schmetterling. Ob Parliament, Iron Butterfly oder die fürchterlichen Barclay James Harvest – immer ist es die Tatsache, dass er einmal Puppe war, weswegen sich der Schmetterling auf einem Plattencover niederlassen darf. Durch seine Verwandlung vom organlosen Körper in einen schillernden Falter erfüllt er die eigentliche Sehnsucht eines jeden Körpers. Die einzige Produktivität die er kennt, ist, abgesehen von seiner Fortpflanzung, die Verwandlung seiner selbst. Vorher kriechen und fressen, hinterher fliegen und super aussehen (und in einigen Fällen nicht einmal mehr Nahrung aufnehmen). Nach der Verwandlung vom Subjekt zum Adjekt befindet sich das dem Druck entronnene Subjekt in einem Zustand, in dem der Sinn der Existenz nicht mehr zurück delegiert werden kann an die eigenen Hervorbringungen. Nach der Verwandlung bleibt meist nur noch das Gelaber von der einstigen Verwandlung (unsere Eltern), das jährlich inszenierte, stumpfe „sich neu erfinden“ (Bowie, Madonna), das Zurücksinken in Exzentrik und abseitige sexuelle Lüste (Polanski, Glitter, Jackson) oder eben als Normal-Reaktion, gewissermaßen in der rockistischen Default-Einstellung der Suff und/oder die Droge (viele der Vorgenannten bzw. sowie fast alle Anderen.

„Wer Schmetterlinge lachen hört, der weiß wie Wolken schmecken“, textete Karl-Heinz Karges für seine Band Novalis, bevor er nach einem extrabreiten Jahr Gabriele Kerners Verwandlung in Nena vorbereitete und wenige Jahre später, nachdem zuvor noch ein peinlicher, an Nena gerichteter Brief in der Quick veröffentlicht werden musste, an Leberversagen verstarb. Schuld daran, wenn es überhaupt eine Schuld zu suchen gibt, war vielleicht ein Alkoholiker-Gen, vielleicht auch seine Herkunft aus so genannten schlechten Verhältnissen. Eventuell stand aber bereits die Verwandlung von Karl-Heinz in Carlo unter einem namensmäßig schlechten Stern. Immerhin tauchte er, Kater Karlo, bereits 1925, und damit drei Jahre vor Mickey Maus auf der Leinwand auf. Zunächst als Peg-Leg-Pete, später dann als Black Pete, als „Schwarzer Kater“ stellt Karlo als Mickeys böser Gegner die früheste Disney Figur dar, die heute noch von der Walt Disney Company verwendet wird. Das Böse, soviel steht fest, ist immer schon in der Welt. Wohl dem, der bei seiner Verwandlung nicht seinen Namen wählt.

Autor: Kai Hoelzner

Zur Ausstellung „Vom Subjekt Zum Adjekt“, Galerie Kai Hoelzner