If You Can’t Stand The Heat, Get Out Of The Kitchen

Text zur Ausstellung

„Und nach längerem Schweigen sagte Heilmann, daß Werke wie jene, die aus Pergamon stammen, immer wieder neu ausgelegt werden müßten, bis eine Umkehrung gewonnen wäre und die Erdgeborenen aus Finsternis und Sklaverei erwachten und sich in ihrem wahren Aussehen zeigten.“

Eine der interessanteren Wendungen der jüngeren Geschichte war das Erringen der, wenn nicht Diskurs-, so doch Kulturhoheit durch jene Klassen, die in früheren Jahrzehnten noch als „das Proletariat“ durchgegangen wären. Anders als von Peter Weiss in der Ästhetik des Widerstands beschrieben war es nicht die Härte, nach einem langen Arbeitstag in der Fabrik noch Abendkurse auf der Volkshochschule zu besuchen, um sich dort Kafka, Griechisch, Gitarre oder Guernica drauf zu schaffen, sondern die ahistorische Aneignung und Nachnutzung von Images und sogenannten Haltungen, die den Weg in den Olymp der zeitgenössischen Kulturen ebnet. So gründet sich die Teilhabe der „Erdgeborenen“ am Produktionsprozess der Kultur heute nicht mehr auf deren Erhebung gegen politische und kulturelle Bevormundung, sondern auf einem Peter Weiss’ Buch über weite Strecken fremden Lustprinzip. Nicht das Ringen um Kultur und Bildung wurde zu jenen Hämmern und Meisseln, mit denen sich eine selbstbestimmte soziale Plastik formen ließ, sondern Körperkult und Celebrity-Kultur. Diese haben sich als wirksamere und vor allem verfügbare Werkzeuge er-wiesen, um „den Herrschenden“ die Kultur aus den Händen zu reißen.

Die Ausstellung „If you can’t stand the heat, get out of the kitchen“ transferiert den Giganten-Fries des Pergamon-Museums in die Galerieräume am Kottbusser Tor. Mit dem als Tapete an der Wand hochgezogen Fries übernimmt sie die Strategie des trans-historischen, imitierenden Zugriffs auf Bilder. Weißbeschichtete, aus Möbelbauplatten nachgebaute Küchenschränke laden das dekontextualisierte Material mit neuen My-then auf, deren Subtext (für den Subtext fehlt glaube ich ein Verb) von der in der Rosenthaler Straße gelegenen Küche Hans Coppis im Jahr 1937 bis zurück zu den Quadern des Burgbergs von Pergamon, denen über Jahrhunderte Köpfe und Glieder abgeschlagen wurden, um sie als Baumaterial für Häuser zu verwenden. Wo Elemente des Frieses fehlen, wird das Unvollständige durch eigene Bilder oder Reliefs ersetzt.

Autor: Kai Hoelzner

Zur Ausstellung „If You Can’t Stand The Heat, Get Out Of The Kitchen“, Galerie Kai Hoelzner