Born this Way

Text zur Ausstellung

Der Künstler erzählt Geschichten, Miniaturepen vorwiegend von Musikern, aber auch von anderen Künstlern. Dieses Erzählen vollzieht sich jedoch nicht mit den Mitteln der Literatur, sondern mit Mitteln der Skulptur bzw. der bildenden Kunst. Ausgangspunkt für diese Narrationen ist stets ein konkreter geschichtlicher Moment, etwa der Tod von Nena Entdecker Karlo Karges oder die Entstehung des Lady Gaga Kultes in einer vollkommen virtualisierten Welt. Die dabei entstehenden Arbeiten sind formal gesehen autonome Arbeiten, denen als Subtext geschichtliche Verortungen in der Pop-Kultur eingeschrieben sind. Seine Arbeiten changieren zwischen Götterglanz und stumpfem Alltag, die frank und frei in kunstfremden Gefilden kultureller Produktion wildern, sich dort Gesten und Architekturen aneignet, sie verpflanzt und subvertiert.

Seine aktuelle Ausstellung trägt den Titel „Born this Way“, Lady Gagas zweitem Studioalbum. Zeugnisse modischer Exzesse und beliebige Gesten häufen sich zu Attributen einer vermeintlichen Identitätsbildung. Die Wiederbelebung und Aneignung vergangener rebellischer Attitüden täuscht nicht über die im Vordergrund stehende narzisstische Neigung des Künstlers hinweg. Dabei steht inzwischen jedem das Signunm „glory and fame“ in einer überwiegend virtualisierten Welt zur Verfügung. Durch Streetphotography, Modeblogger, permanente und immer downgegradeteren Casting-Shows werden nicht nur alle Teenys zu Stars, sondern vielmehr wird der Schulhof selbst zum Laufsteg.

Den Arbeiten des Künstlers kommt dabei die Aufgabe zu, diesen eben virtuell gewordenen Alles-Verwandlungs-Raum zu Verdinglichen. Hierbei schließt er seine Werke zu einem Ensemble zusammen, die an ein Interieur, an einen privaten Raum erinnern. Ein mit Schallschutz-Absorber ausgeschlagener, signalroter Schmetterling in Dimension und Machart eines Piano Fortes in dessen thematischem Zentrum die Verwandlung als zentrales Moment von Produktion steht. Ein Objekt, welches die  fluiden  Öltropfen-Projektionen, die einst in amorph-körperlicher Kinetik die Auftritte von Bands wie Pink Floyd oder Iron Butterfly in visuelle Trips verwandeln sollten werden durch eine schwarze, festere Materie ersetzt. Außerdem  sind Teile von geometrischen Konzept-Kostümen zu sehen, die ausschließlich für die Produktion medialer Situationen wie Fotoshootings, Videos, Bühnenshows hergestellt wurden. In den Fotografien findet in seiner Selbstinszenierung die Transformation zu Kunstkörperhaften Gesten statt. In einer virtuellen Welt, in der sich alles verwandelt hat, kann jeder Model sein. Schinn kreiert damit ein gescheitertes Alternativmodell zum perfekten und unantastbaren Genie und Über-Künstlers.

Autor: Berthold Pott

Zur Ausstellung „Born this Way“, Galerie Berthold Pott